Änderungen in den elektrischen Feldern können in den Simulationen präzise analysiert werden. Wie können Herz-Kreislauf-Erkrankungen frühzeitig erkannt werden, bevor Symptome auftreten? Forscher der Technischen Universität Graz (TU Graz) haben einen Weg gefunden, sie in einem frühen Stadium aufzuspüren. Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Sie werden oft erst entdeckt, wenn bereits Symptome aufgetreten sind und die Krankheit bereits fortgeschritten ist. Statt Arzneimittelbehandlung ist dann in der Regel eine Operation erforderlich.
Während ihrer Doktorarbeiten im Rahmen des von Gerhard Holzapfel geleiteten Projekts “Mechanik, Modellierung und Simulation der Aortendissektion” an der TU Graz haben Sascha Ranftl vom Institut für Theoretische und Computergestützte Physik und Vahid Badeli vom Institut für Grundlagen und Theorie der Elektrotechnik einen Weg gefunden, die frühzeitige Erkennung solcher Krankheiten zu verbessern und zu beschleunigen, ohne auf teure Diagnosemethoden wie MRT oder CT zurückgreifen zu müssen. Mit einem digitalen Zwilling der betroffenen Person können sie auch etwaige Krankheiten eingehender untersuchen.
Die Forscher können normale elektrische, bio-impedanz- oder optische Signale nutzen, die sie mithilfe eines von ihnen selbst entwickelten maschinellen Lernmodells analysieren, das potenzielle Erkrankungen aus den Signalen erkennt und gleichzeitig anzeigt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine bestimmte Krankheit tatsächlich vorliegt. Das maschinelle Lernmodell wurde mit realen klinischen Bio-Impedanzdaten und Werten aus Simulationen des Herz-Kreislauf-Systems trainiert. Auch erfahrene Ärzte könnten nicht mit bloßem Auge erkennen. Diese Methode kann beispielsweise genutzt werden, um den Grad der Versteifung der Arterien zu bestimmen.
Durch die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Gesundheitssektor im Rahmen des TU Graz Spin-offs “arterioscope” entwickeln Ranftl und Badeli diese Technologie weiter, um die Genauigkeit ihrer aktuellen Algorithmen zu verbessern und diese für die klinische Praxis weiter auszubauen und anzupassen. Der Ausgangspunkt für diese Entwicklung war die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit ihren Kollegen im Leitprojekt und die Tatsache, dass sich ihre beiden Spezialgebiete perfekt ergänzen: Ranftl ist Physiker und Badeli Elektroingenieur.
Ihr gemeinsames Wissen und die Erkenntnisse aus dem Leitprojekt ermöglichten es ihnen, die Verbindung zwischen Veränderungen in extern angelegten elektrischen Feldern – beispielsweise von Sensorelektroden – und der Mechanik des Herz-Kreislauf-Systems so zu zerlegen, dass präzise Schlussfolgerungen über potenziell negative Veränderungen im Herz-Kreislauf-System gezogen werden können. “Es gibt viele Informationen, die mit wenig Aufwand von außerhalb des Körpers gesammelt werden können”, sagt Badeli. “Mit unseren Computermodellen und der Hilfe des maschinellen Lernens können wir sie besser verstehen und Zusammenhänge finden.” Dies wird es möglich machen, Patienten früher zu behandeln, wenn beispielsweise eine medikamentöse Therapie anstelle eines chirurgischen Eingriffs möglich ist.
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